Helge Timmerberg oder Gonzo auf Reisen

Mein Lieblingsreisejournalist hat ein neues Buch veröffentlicht und da wird es endlich Zeit für eine kleine Lobhudelei!

Vor einigen Jahren bekam ich anlässlich meiner Reise nach Indien das Buch „Shiva Moon: Eine Reise durch Indien“ von Helge Timmerberg geschenkt. Und weil mir das so gut gefiel kaufte ich gleich fast alles was ich noch von ihm finden konnte. Fast alles, weil mich seine Bücher über Haustiere und Singles nicht wirklich interessieren. In „Der Jesus aus dem Sexshop“ fanden sich eine Sammlung an kurzen Geschichten und bei der einen oder anderen hatte ich plötzlich einen Déjà-vu Erlebnis. Hatte ich das schon gelesen?

Ende der 80er / Anfang der 90er waren die Zeitschriften Tempo und Wiener überaus populär in meinem Freundeskreis. Wilde Artikel zu allen möglichen wie unmöglichen Themen. So lernte ich auch Hunter S. Tompsen kennen. Artikel so geschrieben wie der Journalist das Ganze empfunden hat. In der Ich-Form, subjektiv, hart, witzig. Die Drogenerfahrungen gleich mit kommentiert. Gonzo-Journalismus! Ich war sofort ein Fan!

Ich mag es wenn jemand schreibt, als würde er mir die Geschichte an seinem Küchentisch erzählen. Schimpfwörter mit inbegriffen. Ich habe ein Sammelsurium an schlechter Reiseliteratur. Manche machen den Eindruck als habe jemand einen Artikel in einer Schülerzeitung geschrieben, die Sätze sind hölzern und unwitzig. Es geht in etwa so: „Dann sind wir den Berg hinaufgewandert. Das war sehr anstrengend. Auf dem Zeltplatz trafen wir dann Leute aus Italien und es wurde ein lustiger Abend“ Seitenweise! Langweilig!

Geschichten über Missgeschicke, Abstürze, Liebeswahn, Drogenrausch und Begegnungen mit Menschen unterwegs, das ist es was ich lesen möchte. Helge Timmerberg schreibt so wie er spricht, schimpft, lästert und kommentiert. Erzählt von seinen Abstürzen genauso wie von seinen Heldentaten. Sein Blickwinkel, seine Erfahrung und so mein Lesevergnügen. Schon mit 17 begab er sich auf den Hippie-Trail von Istanbul nach Indien. Alleine, einfach mal los! Das war in den 70er. Irgendwann lebte er für eine Zeit in Marokko und ich habe Geschichten aus Afrika und Havanna von ihm gelesen. Das neue Buch heißt „Die rote Olivetti“ und wenn ich verrate, dass dies in den Zeiten vor Notebooks seine Schreibmaschine war, dann ist klar, dass es dabei vor allem um sein journalistisches Leben geht.

Vor ein paar Jahren war ich auf der Buchlesung von „Die Märchentante, der Sultan, mein Harem und ich“. Nachdem ich ihn bei seiner Lesung erleben durfte, wusste ich, der ist einfach ein Frauen-Typ! Der kann nicht nur schreiben, der kann auch erzählen! Und so bekommt Mann jede Frau, mit guten Geschichten! Nicht um aufzuschneiden und zu zeigen was für ein toller Mann Mann doch ist, sondern einfach um eine gute Geschichte zu erzählen, in der man auch mal der Loser ist, aber die Pointe stimmt. (Übrigens hat er mich beim Unterzeichnen seines Buches keines Blickes gewürdigt, während er mit allen vor mir charmant ein wenig Small-Talk machte. Ich war aber auch viel zu verschüchtert und konnte ihm nur mit Mühe und Not mein Buch hinschieben ohne Schnappatmung zu bekommen.)

Timmerberg schreibt schnell und liest sich schnell. Und ich muss mich leider wieder Jahre gedulden bis zum nächsten Buch!

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