Seitdem ich reise stelle ich fest, dass sich mein Konsumverhalten verändert hat. Das hat vermutlich zwei Gründe.
1. Die Frage lautet, was kann ich mir davon auf Reisen leisten, wenn ich das jetzt nicht kaufe! Und was macht mich glücklicher? Der Besitz einer weiteren Vase oder ein aufregender Reisetag in einem fremden Land? Muss ich noch eine Tasche haben, wenn sie so viel kostet wie ein Flug nach Helsinki?
2. Durch meine Reisen kann ich die globalen Auswirkungen unseres Konsums ganz einfach sehen. Muss ich wirklich Lebensmittel kaufen, die mehrmals um die Welt gereist sind, bis sie bei mir ankommen? Muss ich Palmöl in meinem Shampoo haben, wenn ich weiß wie der indonesische Regenwald aussieht? Muss ich ständig das neueste Gerät auf dem Markt haben, wenn ich gesehen habe wie Kinder seltene Metalle aus unserem Elekroschrott rausbrennen? Muss ich wirklich Bananen eines bekannten Händlers mit blauem Aufkleber kaufen, wenn ich weiß, dass noch heute Menschen in Guatemala an den Spätfolgen des Einsatzes von Pestiziden leiden?
Meine Wohnung bleibt trotzdem vollgestopft mit Zeug und ich besitze auch weiterhin genug zum Anziehen. Ich muss nur einfach nicht mehr jedem Impuls nachgehen, der sagt: „Komm, kauf mich! Ich bin so schön und werde Dich glücklich machen!“ Konsumieren macht nur für einen kleinen Moment glücklich, schon bald verfliegt dieses Gefühl, dass man sich etwas leisten kann und es sich auch verdient hat. Man braucht wieder etwas Neues, eine Haarspange, ein neues Paar Schuhe, ein Küchengerät? Erinnerungen an Reisen machen mich immer glücklich! Und während das eine irgendwann im Keller oder im Müll landet, bleibt die Reise immer ein Teil von mir.
Gleichzeitig wurde ich aber auch durch das Kennenlernen andere Länder und der Menschen deutlich, wie absurd der ganze Konsum eigentlich ist. Neulich kam ich in mein Hotelzimmer in Panama und da lag sie, eine Tafel feinste Schweizer Schokolade. Ich schaute sie einen Moment entgeistert an und dachte über diese Tafel nach. Sie haben also den Rohstoff aus Lateinamerika in die Schweiz exportiert, haben ein wenig Schweizer Kuhmilch dazugegeben, die Tafel mit dem Etikett „Pure Swiss chocolate“ versehen und sie wieder zurück nach Panama importiert. Woher der Rohstoff Schokolade wirklich kam, stand nicht auf der Verpackung und auch auf der Webseite des Herstellers war nur schwammig „beste Anbaugebiet in Zentralamerika“ angegeben. Somit könnte es wirklich eine Schokolade aus Panama gewesen sein.
Warum also liegt in meinem Hotel in Panama keine Schokolade aus Panama, sondern aus der Schweiz? Heutzutage werden Produkte nicht mehr verkauft mit dem Slogan: „Weil die Schokolade aus der Schweiz am besten schmeckt“, sondern mit einem „Lebensgefühl“. Wenn ich diese Schokolade esse, dann kann ich mir was leisten! Ich bin exklusiv! Aber ein Lebensgefühl ist, wenn ich alleine im Regenwald an einem Wasserfall stehe, mich Schmetterlinge umflattern und das Wasser mich wild umfließt. Ein Lebensgefühl ist, wenn ich nach einer langen Wanderung am Ziel ankomme und mich erschöpft, aber zufrieden auf eine Wiese plumpsen lasse. Ein Lebensgefühl ist, wenn man nachts an einem Stand liegt aus der Ferne kommt karibische Musik und über mir fliegen die Sternschuppen. Kein Lebensgefühl ist es, wenn ich mir eine Schweizer Schokolade leisten kann, die einmal um die Welt gereist ist, damit ich mich exklusiv fühle!
Ein ähnliches Thema ist Wasser. Warum bekomme ich im Hotel Wasser aus Italien, nicht aber Wasser aus dem Land in dem ich gerade bin? In vielen Ländern, die ich bereist habe, haben Menschen keinen Zugang zu gesunden Trinkwasser. Wasser aus der Leitung macht krank und reicht zum Putzen, nicht aber zum Trinken. Wasser in Plastikflaschen oder Plastikschläuchen ist dort die Lösung und die sind es dann auch, die die Umwelt zumüllen.
Weil ich zu Hause kein Wasser aus Plastikflaschen kaufe, aber auf Reisen dazu genötigt bin, wollte ich wissen, woher das Wasser in den anderen Ländern eigentlich kommt und schaue seither auf das Etikett. Es macht den Anschein als gäbe es zwei Firmen, die die Welt mit Wasser in Plastik versorgen, Coca Cola und Nestle. Daneben gibt es dann noch andere Anbieter, doch den Großteil machen diese beiden Hersteller unter sich aus. Das Wasser das dabei verkauft wird ist kein Quellwasser, sondern nichts weiter als gefiltertes Leitungswasser. Es kann genauso aus einem Fluss kommen wie das Wasser in der Leitung. Einziger Unterschied ist, dass es gefiltert wurde und in Plastik verpackt verkauft wird.
In unserem Land haben sie uns mit aufwendigen Marketingkampagnen in den 90er soweit gebracht nur noch französisches Wasser zu trinken. So sehr das man bald komisch angeschaut wurde, weil man nicht mit einer 1,5 Liter Flasche rumlief.
Besonders absurd wird es dann, wenn man am Himalaya ist und sie bieten einem im Hotel italienisches Wasser an, während hier das Wasser aus dem Himalaya als etwas besonders Exklusives gilt.
Noch ist unser Wasser aus der Leitung trinkbar und sofern man nicht das Pech hat das es durch die Leitungen oder die Aufbereitung einen komischen Eigengeschmack hat, gibt es keinen Grund sich mit Plastikwasser einzudecken. Im Gegenteil! Wasser, das keine Kohlensäure hat wird extra bestrahlt, damit es nicht kippt. Und wollt ihr wirklich bestrahltes Wasser trinken, nur weil es aus Frankreich kommt?