Plant man mehrere Tage in den Bergen wandern zu gehen, dann ist das A und O, dass man schon beim Packen genau darauf achtet so wenig wie nur eben möglich einzupacken. Jedes Gramm zählt, wenn man sein Gepäck mehrere Tage auf dem Rücken die Berge hinauftragen muss. Und sind wir ehrlich, dies hat mich verändert! Ich liebe es zwar weiterhin bei Läden wie Globetrotter um die Regale zu streifen, aber die Frage ist doch: Brauche ich diesen ganzen Hightech-Kram überhaupt, wenn ich ihn dann doch nicht mitnehme, weil der Rucksack zu schwer wird? Auf einer so reduzierten Reise begreift man, dass eigentlich nur drei Dinge wirklich wichtig sind: 1. Nahrung, 2. Wasser und 3. Wärme! (OK, Gesundheit setzte ich voraus, denn wenn man sich unwohl fühlt, dann sollte man erst gar nicht starten! )
Einen kleinen Teil meines Gepäcks ließ ich im Hotel in Brasov, doch im Wesentlichen seht ihr hier alles was mitkam. Nur die Reiseführer kamen nicht komplett mit! Ich habe nur die Seiten rausgerissen, für die Gegenden, die wir besuchen wollten
Kartenmaterial hatten wir uns zuvor besorgt, doch ich bin froh mit meiner Freundin Mechthild unterwegs zu sein, denn eigentlich kann ich diese nicht wirklich lesen und sie erkennt Wege zu Hütten, die ich bei dem ganzen Grün auf der Karte gar nicht erkannt hätte. Und so hatte sie uns eine wunderschöne Route in den Fogarascher Bergen ausgesucht.
Start war in Victoria, einer künstlich errichteten Industriestadt. Also nahmen wir von Brasov aus den Bus in die Stadt Fogarasch, um von hier aus mit einem Taxi bis Victoria weiter zu kommen. Allerdings verwirrten wir damit die Taxifahrer von Fogarasch ein wenig, denn der Weg dorthin löste am Taxistand erst mal einige Diskussionen aus. So standen die Taxifahrer eine Weile da, führten angeregte Telefonate, wiesen andere Fahrgäste ab, bis sie unserem Taxifahrer endlich genauestens erklärt hatten, wie er fahren müsse und wo er uns rauslassen solle. (Im Übrigen wird in Rumänien nicht über den Fahrpreis im Taxi diskutiert! Es gibt Listen auf denen steht was die Fahrt kostet und das ist dann auch so).
Da wir auf diese Weise schon ziemlich früh in Victoria angekommen waren entschlossen wir uns, unsere Tour gleich zu beginnen und zur ersten Hütte zu starten, damit wir es am nächsten Tag ein wenig einfacher hatten. Und so marschierten wir los, nicht ohne gleich am Ortsausgang das erste Mal unser Zeichen zu sehen, dem wir von nun an folgen sollten. Leider ist der Beginn der Wanderung noch nicht wirklich schön, denn es geht entlang einer staubigen Piste, über die mit Holz beladene LKWs brettern. Nach ca. einer Stunde Fußweg erreichten wir ein kleines Dörfchen, wo ein Auto hielt und uns ein Herr in Italienisch fragte, ob wir zur Hütte wollen. Ja, das wollen wir, da machte er ein ernstes Gesicht und sagte uns, dass es diese Hütte nicht mehr gäbe und wir doch in seine am Ende der Straße gelegenen Hütte kommen sollen. Hier angekommen erklärte er uns, dass auch seine Hütte noch nicht fertig sei und man hier eigentlich nicht übernachten könne. Trotzdem bot er uns auf Nachfragen an, dass wir in den halbfertigen Räumen schlafen könnten. Da es allerdings kein Frühstück gebe, hätten wir uns erst etwas besorgen müssen und das ginge am Besten in Victoria beim Lidl. Ohne Essen eine Wanderung zu starten ist unrealistisch, also drehten wir um und übernachteten in Vicoria im Hotel am Dorfplatz, um am nächsten Morgen erneut zu starten! Wenigstens waren wir so ein wenig eingelaufen!
Das ist keine Bildbearbeitung! Tatsächlich sind die Pflanzen ganz eingestaubt und zwischendrin schaut mal ein Blümchen in seiner ganzen Pracht hervor.
Und dann ging richtig los! Zunächst wieder auf staubigen Piste, vorbei an der Hütte unseres italienischen Rumänen, eine Weile einem Hirten und seinen Ziegen folgend auf einem von Holzfällern genutzten Forstweg. Etwa auf der Höhe der noch nicht fertigen Hütte stand ein Schild, dass es ca. 4 Stunden bis zur Hütte Turnuri dauern würde und da wir schon nach kürzester Zeit das nächste Schild sahen und nur noch 3 Stunden bis zur Hütte angezeigt wurden marschierten wir hoffnungsfroh in den Wald.
Ein Schild mit einer Taxi-Nummer mitten im Wald? Noch fanden wir das seltsam, aber auf dem Rückweg waren wir glücklich darüber!
Hier dachten wir, dass wir bald am Ziel sein würden, doch eigentlich ging es hier erst richtig los.
Die Weg-Beschilderung ist wirklich vorbildlich! Nie verliert man das Zeichen aus dem Blick, nie gibt es eine Unsicherheit wo es langgeht.
Irgendwann war der Forstweg zu Ende und wir begannen das erste Mal über Felsen hinauf zu steigen, da wir dachten schon bald am Ziel zu sein, gönnten wir uns eine lange Mittagspause in der Sonne und freuten uns einfach des Lebens. Wir hatten uns geirrt… erst jetzt begann der eigentlich Weg, über Felsen, enge Pfade, durch Bäche und vorbei an Wasserfällen schritten wir immer weiter hinauf, immer dem roten Dreieck folgend. Auf andere Wanderer stießen wir dabei nicht. Im Grunde überholte uns einmal eine Esel-Karawane, doch ansonsten waren wir alleine auf dem Weg. Ich bin ein sehr langsamer Wanderer und so hatte ich zeitweise das Gefühl gänzlich alleine in diesem Wald zu sein und konnte mich ganz meinem Flow, meinen Gedanken und der wunderschönen wilden Natur hingeben. Zwischendurch traf ich immer wieder auf Mechthild, die auf mich wartete. Nach einigen Stunden endlich fanden wir das nächste Schild, das die nächste Hütte in ca. 1,5 Stunden ankündigte. Wir waren eigentlich schon etwas müde, doch es hilft nichts! Es gab nur eine Möglichkeit und die hieß immer weiter nach oben!
Ups! Hier war es dem Menschen, der die Markierungen macht wohl zu langweilig immer nur Dreiecke zu malen 😉
Und dann war sie endlich da! Die kleine Hütte Turnuri mit Sigi als Hüttenwart! Und Sigi ist ein ganz bezaubernder Hüttenwart! Er kümmert sich um seine Gäste und kocht für sie, dass was auch er selber isst! Das dies was Besonderes ist, begriffen wir auf der nächsten Hütte! Alle Lebensmittel müssen mühselig mit Eseln hochtransportiert werden. Trotzdem gab es auf der nächsten Hütte nur Dosenessen, während es bei Sigi, Nudeln mit Käse vom Schäfer gibt, den er selber gesalzen und eingelegt hat. Oder auch ein Gläschen mit seinem Schnaps, denn er selber mit Waldkräutern verfeinert hat. Und Sigi weiß tolle Geschichten zu erzählen von seinem Leben auf den Bergen. Tatsächlich ist Sigi erst seit Kurzem Hüttenwart, vorher war er mit den Eseln unterwegs und wie er von seinen Eseln erzählt, dass klingt nach Liebe und Zuneigung zu seinen Tieren.
Geschlafen wird in der Hütte in zwei kleinen Räumen, in denen zwei Stockbetten für mehrere Personen stehen. Unterschätzt hatten wir, wie kalt es sein würde und so hatten wir nur sehr leichte Seidenschlafsäcke dabei. Glücklicherweise gab es nicht viele Gäste, so dass wir uns alle übriggebliebenen Decken nehmen konnten. Trotzdem froren wir so sehr, dass selbst der heiße Tee nicht half, den wir literweise tranken. In der nächsten Nacht nahm mich einfach meine Trinkflasche mit heißem Tee mit ins Bett, um eine kleine Wärmflasche zu haben. Ach und vergesst das Toilettenpapier nicht! Hatte ich mich zuvor noch über Mechthild amüsiert, die sich Toilettenpapier einsteckte, wurde ich nun immer wieder damit aufgezogen! Übrigens waren wir an diesem ersten Tag von 0 auf 1540 Höhenmeter angestiegen. Für uns war das genug, andere steigen gleich weiter auf zur nächsten Hütte. Leider verpassen sie dadurch Sigis tolle Gastfreundschaft!
Nach einem guten Frühstück bei Sigi machten wir uns auf zur nächsten Hütte. Podragu auf 2.482 m Höhe. Hier ist Corinna die Hüttenwirtin und sie ist die Chefin von Sigi. Wir kamen nicht umhin bei ihr auch ein Loblied auf Sigi zu singen! Podragu ist eine weitaus größere Hütte als Turnuri. Hier beenden viele Wanderer ihre Wanderung auf dem Grad. Wir entschieden uns gegen die Wanderung auf dem Grad und nachdem wir am nächsten Morgen einen kurzen Aufstieg zu einem höheren Aussichtspunkt gemacht hatten stiegen wir doch lieber wieder runter zu Sigi nach Turnuri.
Könnt ihr das kleine weiße Häufchen links von der Hütte sehen? Das ist der Müllberg von Podrago! So einen gibt es auch bei Sigi… nachdem ich das gesehen hatte schleppte ich meinen Müll wieder mit mir runter.
Unser Bett in Podrago! Kalt war es!
Bei unserem Abstieg wurden wir begleitet von einem neuen tierischen Freund. Wir nannten ihn Kapati und er kam nicht nur mit bis zu Sigi, sondern auch am nächsten Tag bis ganz runter. Er wisch nicht mehr von unserer Seite, obwohl andere in der Hütte ihn weitaus mehr fütterten als wir. Tatsächlich hatte er Mechthild zu seiner besten Freundin erkoren. In unserem Rudel war sie die Chefin, dann kam in der Rangordnung Kapati und dann erst ich ;o) Ich hoffe es geht ihm gut und er begleitet noch viele Wanderer den Berg hinauf und hinunter. Und alle sind nett zu ihm.
Kapati beschützt uns vor den Eseln!
Nach einer weiteren Nacht bei Sigi stiegen wir dann endgültig ab. Hatten wir uns zu Beginn unserer Wanderung noch über die Taxinummern gewundert, die auf dem Forstweg an die Bäume genagelt waren, waren wir nun sehr glücklich darüber. Mitten im Wald riefen wir uns also ein Taxi und verabschiedeten uns von Kapati. Es war schon sehr herzzerreißend als er noch eine Weile hinter unserem Taxi her rannte und wir ihn zurücklassen mussten.
Allina und ihr Mann brachten uns bis nach Sibiu, wo wir uns den Genüssen der Zivilisation hingaben: Duschen, warme weiche Betten und saubere Toiletten!
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